Work-Life-Balance: What is Work?

... jetzt wird es wirklich interessant: mit der Feststellung, die Arbeit würde das Leben bedrohen, drehen wir die eigentlichen Verhältnisse ins Gegensätzliche um. Sollte nicht die Arbeit dem Leben und dem Überleben dienen? Und: ist die Arbeit vom Leben in irgendeiner Weise getrennt, als das sie gleichsam selbständig zum Vergleich antreten könnte? Schauen wir uns die möglichen Antworten an.  

Arbeit könnte als die Form von Tätigkeit verstanden werden, welche das Leben am Leben erhält. Ist mit dieser Beschreibung die „Arbeit“ gänzlich erfasst worden? Vermutlich nicht. Diese Beschreibung ist sicherlich nicht falsch, vermutlich jedoch unzureichend. Es gibt nämlich eine Reihe von „Arbeiten“ ohne die das Leben durchaus gelebt werden könnte, wie z.B. das, was ich jetzt tue, nämlich Schreiben. Auch das „Arbeiten“ an der Verbesserung des Aufschlags beim Tennis sowie Tausende anderer Tätigkeiten wollen immer häufiger von der Bezeichnung „Arbeit“ profitieren. Warum verwandeln sich immer mehr Spiele in Arbeit? Tun sie es wirklich? Und wenn ja, was geschieht hier genau?

In der Tat bezeichnen wir mittlerweile mit dem Begriff „Arbeit“ so viele Tätigkeiten, dass es nicht mehr möglich ist, die Eigenart dieser Bezeichnung ohne Wenn und Aber einzugrenzen. Verzichten wir also angesichts der schlichten Unmöglichkeit auf eine eindeutige und allgemein anerkannte Festlegung des Begriffes „Arbeit“ und gehen stattdessen ein paar Schritte in jene Landschaft hinein, die sich trotz allem hinter der Pforte mit der Aufschrift „Arbeit“ befinden müsste.

Beginnen wir mit dem Unangenehmen. Das Wort „Arbeit“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bezeichnet soviel wie „Mühe“. Die Bezeichnung „Mühe“ wiederum bedeutet ursprünglich ein sich plagen oder kämpfen. Damit ist der erste Duft der Landschaft hinter der Pforte bereits in unseren Nasen. Und? Manch einer von uns wird als erstes seine Nase rümpfen müssen. Der Geruch der Arbeit riecht eher nach allem möglichen Schmutz und, was uns betrifft, nach Schweiß. Es wird verständlich, weswegen wir uns häufig und mit einem abwehrenden Ton sagen hören: es riecht nach Arbeit.

Die Bezeichnung „Arbeit“ scheint damit in unserer Kulturgeschichte nun wirklich eindeutig in die von uns unerwünschte Richtung zu tendieren. Mit dem Wort wird nahezu das Gegenteil von all dem bezeichnet, das als angenehm, freudig und leicht benannt wird. Mehr noch: Spricht man heutzutage den Satz „Arbeit macht mir Spaß“ aus, dann handelt es sich bei dieser Aussage um eine Paradoxie. Von der Sprachlogik aus betrachtet ähnelt der Satz der Aussage: „Gestank riecht gut“. Er ist einfach absurd, so die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Arbeit“ bewusst verwendet wird.

Also bezeichnen wir mit dem Wort „Arbeit“ eher diejenigen Tätigkeiten, die getan werden müssen, und zwar vor allem auch dann, wenn wir dazu keine Lust haben, wenn sie uns unangenehm erscheinen und zusätzlich noch mit allerlei Anstrengung verbunden sind? Was also den Geschmack von „Arbeit“ im Vergleich zu einer Reihe anderer Tätigkeiten auszumachen scheint, ist eine Verbindung von mehreren Faktoren, die alle unserem momentanen Befinden nicht entsprechen. Mehr noch, sie fragen gar nicht danach. Etwas nach Lust und Laune zu tun ist eben nicht gleichzusetzten mit Arbeiten. Letzteres muss vor allem dann getan werden, wenn gerade keine Lust und Laune vorhanden sind. Mit anderen Worten: Arbeit ist ein „Muss“ und nicht ein „Kann“. Sie bezeichnet eben eine Pflicht und kein Vergnügen. Sie tritt in Erscheinung als ein Imperativ und nicht als ein Konjunktiv oder gar Optativ. So gesehen tritt sie eigentlich gegen uns auf.

Sie zwingt uns bei ihr zu bleiben, sie zu verrichten, hält uns den ganzen Tag bei sich gefangen und entlässt uns erst am Feierabend und das auch nur für ganz kurze Zeit, um uns ein wenig zu erholen und im Anschluss an die Erholung ganz für sie da zu sein. Sie gewinnt an Bedeutung, indem sie gegen unseren Willen agiert.

Schauen wir uns in diesem Zusammenhang zwei sehr aufschlussreiche Worte an, mit denen wir diese Art von Gefangenschaft zu verstehen glauben. Das eine Wort heißt „Verausgabung“. Das Besondere an dieser Wortschöpfung liegt darin, dass sie ein „Mehr“ an „Geben“ beschreibt, als der Gebende in der Lage oder gewillt wäre zu geben. Das Wort markiert eine Grenzüberschreitung. Als Verb beschreibt es zunächst den Vorgang der Grenzüberschreitung und kündigt sogleich seine Folge, nämlich den Zustand der an die Verausgabung zwangsläufig folgen muss, also im besten Falle die Erschöpfung an. Die Erschöpfung wiederum ist der Beginn einer ganzen Reihe von Zuständen die wir verkörpern können, so die Verausgabung länger und intensiver andauert. Wie wir wissen, scheint sie es zu tun. Wird somit die Arbeit als längerfristig anhaltende Verausgabung empfunden, sind die Erschöpfung und ihre Verschlimmerungen bereits in ihr enthalten.

... um eine mögliche Verausgabung bei mir zu verhindern werde ich über den zweiten komplementären Begriff in ein paar Tagen weiterschreiben ...

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Work-Life-Balance: Arbeit - zwischen Selbstaufgabe und Erholung

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