Work-Life-Balance: Die Kunst des Fragens

Man hört nur die Fragen, auf welche man im Stande ist, eine Antwort zu finden.
— Friedrich Nietzsche
Beurteile die Menschen eher nach ihren Fragen als nach ihren Antworten.
— Voltaire

... haben Sie sich die Zeit genommen, um ein wenig über das Thema „Geld“ nachzusinnen? Oder haben Sie es bei dem Rätsel belassen und sind neugierig auf meine Ausführung des Themas?

Obwohl mich die zweite Variante ehrt, wenn Sie Interesse an meiner Perspektive haben, so kann es gleichzeitig sein, dass Sie eben dadurch der bohrenden Unmittelbarkeit der Rätselfrage etwas ausweichen wollen. Wie geschieht dieses „Ausweichen“? Nun, Sie warten ab, was ich dazu zu sagen habe, lesen es und werden sich mit meinen Aussagen kritisch auseinandersetzen. Bemerken Sie es? Es könnte sein, dass Sie gerade diese Variante gewählt haben, damit sich unbemerkt der Gegenstand ihrer Auseinandersetzung von der Unmittelbarkeit der Frage, hin zu meinen möglichen Antworten verschiebt. Im Glauben, Sie würden sich mit dem Rätsel direkt beschäftigen, lassen Sie es stehen und stattdessen beschäftigen Sie sich mit meinen Antworten. So ein Vorgehen ist Gang und Gäbe. Ich verfahre häufig genauso. Das bedeutet aber nicht, dass es die gradlinigste Vorgehensweise ist. Und auch das ist noch nicht der entscheidende Punkt. Das, auf was es mir in diesem Zusammenhang ankommt, ist die Wirkung unserer Haltung. Eine direkte, ja weitreichende Frage überhaupt zuzulassen und auszuhalten ist, entgegen der weitverbreiteten Annahme, alles andere als leicht und angenehm.

Eine wirkliche Frage hat die Kraft Teile, wenn nicht sogar unsere gesamte Identität, in Frage zu stellen und kann damit zutiefst verunsichernd wirken. Deswegen verbringen wir in der Regel die meiste Zeit damit, allerlei Antworten und Lösungen zu finden, damit es nicht so weit kommt. Wir tun es, weil wir dadurch der bohrenden Gegenwart der Frage weichen wollen, und je nach Frage, haben wir unterschiedliche Strategien entwickelt, es anders erscheinen zu lassen, als es in Wirklichkeit ist. Mit jeder Antwort scheint uns zunächst das Entrinnen geglückt zu sein. Nur ist das Haltbarkeitsdatum der allermeisten Antworten und Lösungen sehr kurz, so dass wir, in der Regel eher als später, erneut vor der gleichen Frage landen. Geschieht das mehrmals, neigen wir dazu, die Suche nach Antworten aufzugeben und die Frage direkt zu bekämpfen. Als beliebtes und recht wirksames Vorgehen hat sich hier das Bagatellisieren der jeweiligen Frage gezeigt. Aussagen wie: „...das ist mal wieder so eine philosophische Frage“; „...das ist zu theoretisch“; “... von solchen Fragen verstehe ich zu wenig. Ich bin dafür nicht ausgebildet.“, sind Klassiker auf diesem Gebiet.

Zurück zu unserem Rätsel: Wie kann es sein, dass wir tagtäglich auf etwas hinarbeiten, es unbedingt haben wollen, nicht genug davon bekommen können, andere darum beneiden und fürchten es zu verlieren, ohne sich der Frage zu stellen, was es überhaupt ist?

Also kehren sie bitte an dieser Stelle erneut zu der Frage zurück, lassen diese auf sich wirken, formulieren ihre Ansichten und setzten dann die Lektüre der Schriftrolle fort. So bleiben wir im Dialog, denn ich werde das gleiche tun ...

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Work-Life-Balance: Ein Rätsel