Work-Life-Balance: Und immer wieder das Geld …

… hat also die Arbeit eine spirituelle Dimension? Die Frage ist an dieser Stelle deswegen (noch) nicht angebracht, weil wir immer noch nicht wissen, was Arbeit an sich ist. Was ich bislang beschrieben habe war nicht das, was die Arbeit ausmacht oder was sie ist, sondern wie sie ist und wie sie sich anfühlt oder zu welchen unterschiedlichen Zuständen sie führen kann. Was ist sie aber überhaupt? Können wir noch genauer in sie hineinschauen, um mehr von ihrer Eigenart zu erfahren? Ich versuche es. Dazu ein kleines Experiment: Stellen sie sich vor, sie spielen Klavier. Sie haben es mal gelernt und seit dem spielen sie immer wieder. Mal weil sie gerade Lust dazu haben. Ein andermal um jemanden zu unterhalten oder um die Anspannung des Tages zu vergessen oder um in die unendliche Welt der Musik leibhaftig einzutauchen.

Und jetzt stellen sie sich vor, sie beschließen Pianistin oder Pianist zu werden. Was ändert sich im Vergleich zum vorherigen Klavierspiel? Was bedeutet ab jetzt „professionell“ Klavier zu spielen? Ich glaube, der erste wichtige Unterschied zu dem Davor liegt darin, dass sie beschließen das Klavierspielen zu ihrem Beruf zu machen. Und was meint hier Klavierspiel als „Beruf“? Das Klavierspielen wird jetzt zu einer Tätigkeit, welche ihnen den Lebensunterhalt sichern soll. Das bedeutet wiederum, dass sie ab jetzt für ihr Spiel Geld verlangen. Damit haben wir eine erste kurze Definition der beruflichen Arbeit. Sie lautet: Berufliche Arbeit ist eine Tätigkeit, für die Vergütung verlangt wird.

Wir können also viele Arbeiten verrichten. Diese können einen hohen Grad an Sach- und Fachkenntnis beinhalten, wie z.B. Klavierspielen in einem Orchester. Wir können finanziell abgesichert sein und auf eine Bezahlung existenziell nicht angewiesen sein. Trotzdem: in dem Augenblick, in dem ich Geld für meine Tätigkeit verlange, geschieht eine grundsätzliche Verwandlung eben dieser Tätigkeit in Arbeit. Was macht diese Verwandlung aus? Ist sie unumgänglich oder fakultativ?

Gehen wir der ersten Frage nach. Was ändert sich, indem ich mich entschieden habe Geld für meine Tätigkeit zu verlangen? Es kann doch sein, dass ich immer schon Klavier für unterschiedliches Publikum gespielt habe. Einfach so. Aus Spaß und gegen Applaus. Jetzt aber setzte ich für den Klavierabend einen Eintrittspreis von 30€ fest. Und plötzlich verschwindet die Spontanität und mit ihr die bisherige Unbefangenheit. Ich plane das Repertoire viel genauer. Überlege zum ersten Mal, welches Publikum diesmal kommen wird und welchen musikalischen Geschmack es haben könnte. Ich informiere mich über andere Angebote und vergleiche diese mit meinem Vorhaben. Ebenfalls zum ersten Mal ist es mir wirklich wichtig, dass mein Spiel dem Publikum gefällt.
Soll all diese Wandlung nur dem Eintrittspreis geschuldet sein? Ja, das ist sie. Und damit stellt sich die Frage nach dem Geld. Was nennen wir „Geld“ und wieso ist es in der Lage, solche und viele andere Wandlugen zu bewerkstelligen? ...

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Work-Life-Balance: Ein Rätsel

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Work-Life-Balance: Beschreiben ist nicht gleichbedeutend mit Verstehen